So will Wiesentheid die Landesliga erobern

Hassan Rmeithi weiß, wo er mit Wiesentheid hin will: erst einmal in die Landesliga. Aber die Endstation sieht er dort nicht unbedingt. Foto: Hans Will

Noch nie in seiner Geschichte hat der Verein die Grenzen des Bezirks gesprengt. Im Interview erklärt Trainer Hassan Rmeithi, wie er das ändern möchte und auf wen er dabei baut.

Hassan Rmeithi ist seinem Ruf als Fußball-Entwicklungshelfer wieder einmal gerecht geworden – diesmal rascher als gedacht. Beim FC Geesdorf hat er einige Jahre gebraucht, um den Klub in die Landesliga zu führen. Mit dem TSV-DJK Wiesentheid, den er im April 2019 übernommen hat, könnte ihm das deutlich schneller gelingen. Schon im ersten Jahr seines Wirkens steht die Mannschaft des 34-jährigen Spielertrainers an erster Stelle der Bezirksliga Ost. Ein Gespräch über den Charakter von Spielern, eine historische Chance und ein magisches Fußball-Dreieck.

Wenn man sich die Zuschauerzahlen betrachtet, könnte man meinen, Wiesentheid steigt auf und keiner merkt es. Wo ist denn die Aufbruchsstimmung geblieben?
Hassan Rmeithi: In Wiesentheid ist es zu lange nicht allzu toll gelaufen. Die Mannschaft spielte die vergangenen Jahre gegen den Abstieg – oft vor 20, 30 Leuten. Jetzt hat sie die Kurve gekriegt, wir hatten in der Vorrunde im Schnitt gut hundert Leute bei den Spielen. Viele trauen der Sache noch nicht.

Der Erfolg muss sich also erst wieder herumsprechen?
Hassan Rmeithi: Ja, unser Job ist es, konstant unsere Leistung zu bringen; das ist es, was die Leute von uns erwarten. Wir sind zwar auf dem ersten Platz, aber durch viele Ausfälle haben wir in der Vorrunde nicht immer geglänzt und nicht immer den besten Fußball geboten.

Um so erstaunlicher, dass es trotzdem so gelaufen ist.
Hassan Rmeithi: Ja, auch ich bin erstaunt. Es war eine richtig gute Vorrunde unter den Umständen, die wir hatten – das habe ich auch der Mannschaft so gesagt. Am zweiten Spieltag gegen Thulba waren sechs Mann im Urlaub, wir hatten acht Ausfälle – und am Ende holen wir noch ein 2:2. In Dampfach standen nur zehn Leute aus dem Kader ersten Mannschaft auf dem Platz. Trotzdem hat es auch dort noch zum 2:2 gereicht. Wir haben jetzt in Tony Brinkley und Sinan Bilgin noch einmal zwei richtig gute Spieler bekommen, die angeschlagenen Spieler sind zurück, und die Trainingsbeteiligung ist überragend. Es sieht alles sehr, sehr gut aus.

Ist sich die Mannschaft bewusst darüber, dass sie für den Verein Historisches schaffen kann?
Hassan Rmeithi: Darüber reden wir gar nicht so viel – genauso wenig wie über die Meisterschaft. Die Jungs, die vor zwei Jahren aus der Jugend kamen, hatten hier zuletzt eine sportlich schwierige Zeit. Die sind froh, dass sie jetzt vorne stehen und eine Aufstiegsperspektive haben. Aber sie schwelgen nicht in Träumen oder historischen Dimensionen.

Was würde ein Aufstieg für Wiesentheid bedeuten?
Hassan Rmeithi: Für den Ort wäre das schon ein Ding, weil er noch nie Landesliga gespielt hat. Die Bezirksoberliga war, als es sie noch gab, das Höchste der Gefühle. In der Landesliga zu spielen ist insofern sehr interessant, als viele Würzburger Vereine dabei sind – und mit Geesdorf gäbe es auch ein Derby. Wenn man die nächsten Jahre richtig arbeitet, sehe ich sogar Chancen auf noch mehr.

Worauf stützt sich Ihr Optimismus?
Hassan Rmeithi: Die Jungen haben sich mit Hilfe der Neuen und deren Erfahrung gut entwickelt. Jetzt müssen wir den nächsten Schritt machen und etwas mehr Reife gewinnen, weil das Team immer noch relativ jung ist und das System verinnerlichen muss, das wir spielen – das ist nicht immer leicht. Wenn ich sehe, was wir die nächsten drei Jahre vorhaben, bin ich mir sehr sicher, dass wir auch in der Landesliga nicht gegen den Abstieg kämpfen würden.

Ihre Mission ist also auf jeden Fall längerfristig angelegt?
Hassan Rmeithi: Als ich letztes Jahr im April kam, haben wir im Verein einen Zukunftsplan entworfen. Ich habe gesehen, welches Potenzial in der Mannschaft steckt. Viele denken, Wiesentheid habe im Sommer ein komplett neues Gesicht bekommen, was nicht stimmt. Auf dem Platz stehen immer noch acht, neun Leute, die schon die vergangenen Jahre dort spielten, ergänzt um vier Neue. Die Mannschaft hat einfach einen riesigen Schritt gemacht.

Wie macht man binnen weniger Monate aus einem Abstiegsanwärter einen Aufstiegskandidaten?
Hassan Rmeithi: Wir haben ein bisschen am System geschraubt, taktisch intensiver gearbeitet. Es war für mich dann auch nicht ganz so überraschend, wie wir in die neue Saison gestartet sind. Bei meiner Ankunft standen wir auf dem Abstiegsrelegationsplatz, und es waren noch neun Spiele zu absolvieren. Schon in diesen Spielen hatten wir fast die Bilanz eines Aufstiegsanwärters.

Wo haben Sie als Trainer Schwerpunkte gesetzt?
Hassan Rmeithi: Das Zwischenmenschliche ist uns sehr wichtig. Deswegen habe ich auch als Co-Trainer Ralf Habl geholt, den ich schon seit 2003 kenne, der ein super Typ ist und einen guten Draht zu den Jungen hat. Wir haben richtig gute Jungs, die lernen wollen und Erfolg haben möchten. Ich hätte noch fünf, sechs Spieler mehr holen können, aber ich war skeptisch, ob sie charakterlich zu uns passen würden. Die Mannschaft harmoniert überragend – auf und neben dem Platz. Was etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt, ist der taktische Reifeprozess. Das ist aber auch dem komplizierten System geschuldet, das ich spielen lasse. Da kann das Training schon mal länger dauern.

Der Charakter der Spieler ist Ihnen mindestens genauso wichtig wie deren taktisches Verständnis?
Hassan Rmeithi: Ja, wir wissen doch alle: Der Kopf ist sehr wichtig beim Fußball. Er macht einen Großteil des Spiels aus. Wenn man 18, 20 Spieler im Kader hat, die charakterlich alle miteinander können, ist das viel wichtiger, als 15 Stars zu haben, die überragend kicken, aber keinen Draht zueinander haben. Fußball ist Mannschaftssport, deshalb brauchen wir auch Arbeiter, nicht nur Künstler. Auch in Geesdorf hatten wir eine gute Mischung – das hat sich auf dem Platz bemerkbar gemacht.

Mit Abtswind (Bayernliga) und Geesdorf (Landesliga) bildet Wiesentheid so etwas wie ein magisches Dreieck, drei Klubs auf engstem Raum, die mit viel Erfolg Fußball spielen. Wie kommt es zu dieser geballten Macht?
Hassan Rmeithi: Abtswind arbeitet auf anderem Niveau – damit können wir uns nicht vergleichen. Geesdorf ist eine kleine verrückte Ortschaft, in der alle hinter dem Fußball stehen, 340 Einwohner und 280 Fußball-Begeisterte, die immer da sind und uns geholfen haben, vorwärts zu kommen. Die Basis war ein richtig guter Jahrgang, den wir punktuell immer wieder verstärkt haben. In Wiesentheid ist es ähnlich: Vor zwei Jahren kam der Nachwuchs in die erste Mannschaft. Ich habe das verfolgt und schon damals gesehen, dass da nicht viel fehlt zu einem Spitzenteam.

Quelle: MainPost.de mit herzlichen Dank an Eike Lenz.

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