Der etwas andere Wiesentheider Weg

An der Seite der Jugend: Stefan Schoeler (links) geht in Wiesentheid seinen Weg gemeinsam mit dem Nachwuchs. Foto inFranken.de @ Andreas Stöckinger

In Stefan Schoeler hat Wiesentheid einen Trainer, der die Dinge mit anderen Augen sieht. Jetzt scheint die Mannschaft ihn und seine Methodik zu verstehen.

Drei Spiele haben die Fußballer des TSV/DJK Wiesentheid in diesem Jahr in der Bezirksliga hingelegt. Das erfreuliche Ergebnis: zwei Siege, ein Unentschieden. Anders gesagt: Der noch etwas brüchige Trend der Hinrunde hat sich gefestigt. Fragt man Stefan Schoeler, ob dies auch als Zeichen dafür zu werten sei, dass die Spieler seine Philosophie nun besser verständen, muss er lächeln. Philosophie – wie sich das anhöre.

Er findet den Begriff „zu hoch gegriffen“ und sagt: „Wir spielen Bezirksliga.“ Andere Trainer würden ins Schwärmen geraten bei dieser Steilvorlage, würden selbstverliebt zu einem Solo ansetzen und bis in die Tiefen des Raumes ihre Ideen ausführen. Schoeler, 48, ist solche Folklore fremd – lieber spricht er von seinem „klaren Auftrag“, den er als Trainer vom Verein habe und den er nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen wolle.

Vieles an diesem Mann ist anders. Das fängt schon mit seinem Einstieg in Wiesentheid an. Eigentlich wollte der Physiotherapeut eine Pause vom Fußball machen, doch dann tauchte der Vater eines Wiesentheider Juniorenspielers bei ihm in der Praxis auf. Die beiden kamen ins Gespräch, der Vater war angetan von Schoelers Art. Ob das nicht ein Kandidat für den im Herbst 2014 frei gewordenen Posten des U19-Trainers sei, regte er im Verein an. Die Kluboberen nahmen den Kontakt auf. Man könne sich ja mal unterhalten, ließ Schoeler sie wissen. Er hörte und sah sich alles an – und sagte dann zu.

„Mancher konnte nicht erkennen, was das werden soll.“ Stefan Schoeler über seine ersten Wochen im Amt

Schoeler gefiel das Familiäre dieses Klubs, die Geselligkeit, die er als Trainer selbst erlebte in Vöhrum oder in Bülten in der niedersächsischen Provinz. Von dort kam er nach Franken, wo er beruflich und privat sein Glück machte und dem Fußball verbunden blieb. Er trainierte in Veitshöchheim, beim Würzburger FV und beim ETSV Würzburg – stets mit jungen Leuten, die sich formen und entwickeln lassen.

Aus dem unsteten U19-Jahrgang der Wiesentheider, der gegen den Abstieg aus der Bezirksoberliga kämpfte, machte er in wenigen Monaten eine ambitionierte Gemeinschaft, die mit Spaß am Spiel ihre Leistungsgrenzen auslotete. Dem Verein blieb nicht verborgen, dass er da einen Mann geholt hatte, der durchaus unkonventionell denkt und handelt und der sich nicht verbiegen lässt.

Beobachter schildern ihn als einen, der so etwas wie Visionen hat (auch wenn er selbst diesen Begriff nie wählen würde). Als einen, der das große Ganze im Blick hat und als einen, der weiß, dass er an Ergebnissen gemessen wird, und der dennoch nicht in kurzfristigen Erfolgen denkt. Heute ist der Klub von der Abstiegszone genauso weit entfernt wie von der Spitze.

Als vor einem Jahr klar war, dass Dominik Hochrein im Sommer nicht weitermachen würde, stand der Klub vor einer schwierigen Frage: Sollte er Schoeler aus seinem Amt bei der U19 entlassen und ihn als Trainer in die erste Mannschaft abziehen? Nach einigen Treffen war die Entscheidung gefallen: Schoeler würde es machen. Warum auch nicht? Immerhin stand er schon bislang an der Schnittstelle zwischen U19-Nachwuchs und erster Mannschaft – nun eben auf der anderen Seite.

Ganz so reibungslos war der Übergang dann allerdings nicht. Der Saisonstart misslang, fünf der ersten neun Spiele gingen verloren, das heimische Publikum fremdelte mit dem gänzlich unprätentiösen Wahl-Burghaslacher. „Mancher“, sagt Schoeler, „konnte nicht erkennen, was das wer-den soll. Es gab viele ungläubige Gesichter.“

Senior ULTRAS der Extraklasse: Walter Fleischmann & Franz Metka. „Mancher“, sagt Schoeler, „konnte nicht erkennen, was das wer-den soll. Es gab viele ungläubige Gesichter.“

Doch er ließ sich nicht beirren. Er wusste, dass sein Projekt Zeit und Geduld brauchen würde, bis Mechanismen griffen. Dass seine junge Mannschaft auch mal scheitern müsse, um zu lernen und zu wachsen. Fantasievoll, mutig, ideenreich möchte er sei-ne Elf auf dem Feld erleben. „Ich versuche die Spieler zu ermuntern, dass sie Lust auf Fußball entwickeln“, sagt er. Und: „Mit Lust und Leidenschaft kann man einiges erreichen.“

Gelingen soll das zum einen dadurch, dass bei seiner Arbeit „von der ersten bis zur letzten Sekunde“ der Ball im Fokus steht, zum anderen durch gewisse Freiheiten, die er seinen Schützlingen gewährt. Er will sie nicht zu sehr einengen mit einem taktischen Korsett. Statt von Taktik spricht Schoeler von Verantwortung. Wenn jeder sich seiner Verantwortung für die Mannschaft bewusst sei, könne daraus einiges entstehen.

Der 48-Jährige lässt keinen Zweifel daran, wo er seine Verantwortung als Trainer sieht: die Talente, die es nicht mehr im Überfluss, aber immer noch zahlreich in diesem Klub gibt, an die erste Mannschaft heranzuführen. In seinen anderthalb Jahren als Jugendcoach ist ihm das gut gelungen. Fünf Spieler hat er jeweils am Saisonende an die Aktiven übergeben. Sie in den Spielbetrieb der Bezirksliga einzugliedern, auch daran wird man ihn nun messen.

Für Schoeler handelt es sich dabei um seinen Beitrag, den Verein für die Zukunft aufzustellen. Nach gut neun Monaten im Amt sieht er sich gerade am Anfang. Vom aktuellen Ergebnishoch lässt er sich nicht blenden, „wir können auch wieder klar verlieren“, sagt er. Wichtiger ist ihm bei all dem Auf und Ab, das seine Mannschaft in der Hinrunde erlebt hat, eines: „Wir haben im Moment richtig Bock auf Fußball.“ Wiesentheids Fan-Gemeinde scheint es ähnlich zu gehen. Beim Auswärtsspiel am Sonntag in Unterspiesheim erkannte Schoeler „etliche Gesichter, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Wir haben Interesse geweckt mit unserer Leistung.

“Ausgerechnet dort reichte es für sein Team nur zu einem glücklichen 2:2, und das auch nur, weil der junge Torwart Jan Molitor einen Elfmeter hielt. Schoeler mögen die Ergebnisse nicht viel bedeuten, emanzipieren kann er sich davon nicht, gerade mit Blick auf die benachbarte Konkurrenz in Abtswind und Geesdorf. „Als Verein muss man heutzutage ein gewisses sportliches Niveau bieten“, sagt er. „Junge Leute gehen dorthin, wo die Sonne scheint.“

Quelle: InFranken.de

Hier geht’s weiter zur aktuellen Tabelle & Spielplan

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.