Eine riskante Dreiecksbeziehung

Trainer Stefan Schoeler kümmert sich in Wiesentheid intensiv um seine Spieler wie hier um Anis Sahli – Foto @ Andreas Stöckinger

Wiesentheid liegt in einem Fußball-Dreieck, in dem von jeder Seite heftig gezerrt wird. Einer der hartnäckigsten Nachbarn ist an diesem Samstag Gegner im Derby.

Träfe der VfB Peine an diesem Samstag auf Arminia Vöhrum oder zumindest auf den SV Bosporus, die Gefühlslage Stefan Schoelers sähe anders aus. „Das würde hochemotional werden.“ Aber so sind es bloß die Kicker des FC Geesdorf und der TSV/DJK Wiesentheid, die sich in der Bezirksliga Ost begegnen, und Schoeler gibt sich so cool wie John Wayne vor dem Showdown: „Ein ganz normales Fußballspiel.“

Seit zwanzig Monaten ist er nun Trainer der ersten Wiesentheider Fußballmannschaft und noch deutlich länger ist er von seiner niedersächsischen Heimat weg, aber sein 350 Kilometer entfernter Heimatklub Peine oder seine frühere Mannschaft aus Vöhrum, liegen ihm gedanklich immer noch näher als das keine drei Kilometer von Wiesentheid entfernte Geesdorf.

Fast zwölf Jahre ist es nun her, dass Stefan Schoeler seine Heimat verlassen hat und mit seiner Frau auf einen Bauernhof bei Burghaslach gezogen ist – mitten in die Natur, das ist ihm wichtig; er machte sein Staatsexamen zum Physiotherapeuten und betreibt in Neustadt/Aisch eine eigene Praxis für Physiotherapie. Schoeler hat, wenn man das so sagen darf, ein „Händchen“ für vieles, was mit Fußball zu tun hat.

Er trainierte die Juniorinnen des ETSV Würzburg, half als Jugendleiter des Würzburger FV, das Nachwuchsleistungszentrum aufzubauen, was drei Jahre Kampf bedeutete, und landete im Herbst 2014 in Wiesentheid: erst bei den U19-Junioren und schließlich bei der ersten Mannschaft. Fast dreißig Jahre Erfahrung als Trainer hat Schoeler gesammelt. Wo es am Schönsten war? „Im-mer dort, wo man gerade ist“, sagt er diplomatisch.

An der Seite der Jugend: Stefan Schoeler (links) geht in Wiesentheid seinen Weg gemeinsam mit dem Nachwuchs. Foto inFranken.de @ Andreas Stöckinger

Nicht nur Zahlen im Blick

Schaut man auf die Tabelle der Bezirksliga Ost, könnten einem Zweifel an dieser Aussage kommen. Schoeler aber denkt in anderen Kategorien. Er macht den Erfolg einer Mannschaft nicht an reinen Zahlen fest, sondern am Grad der Entwicklung. Und da ist Wiesentheid aus seiner Sicht deutlich weiter, als es der Tabellenstand suggerieren mag. Als Kandidat für den Abstieg gilt der Klub nicht erst seit dem happigen 0:4 vor einer Woche gegen den FC Bad Kissingen, dem denkbar schlechtesten Start nach der langen Winterpause. Es sind nur fünf Punkte zur Abstiegszone, und schon vergangene Saison musste Wiesentheid bis in den Mai hinein um seinen Status als Bezirksligist bangen.

Doch das ist bloß die eine, für alle sichtbare Seite, die andere schildert Schoeler so: „Die Mannschaft ist kompakter geworden und weiter zusammengewachsen. Es sind viele junge Spieler dabei, 19, 20 Jahre alt, die wir integriert haben und die nicht mehr auf dem Sprung sind, sondern mittlerweile zum Stamm gehören.“ Spieler wie Jan Molitor, Paul Kaiser, Lukas Huscher oder Sebastian Flurschütz, die kürzlich noch in der A-Jugend kickten und heute erwachsen sind.

Für seine beispielhafte, weil nachhaltige Nachwuchsarbeit wurde Wiesentheid in den letzten Jahrzehnten immer gerühmt. Zuverlässig entließ die eigene Talentschmiede gut ausgebildete Spieler, die den Sprung nach oben meisterten. Inzwischen kämpft auch ein solch renommierter Standort mit Problemen, wie sie an anderer Stelle längst üblich sind. „Wir leben in einer anderen Zeit“, sagt Schoeler, „der Amateurfußball hat nicht mehr den Stellenwert.“

Was rät einer wie er, der seit drei Jahrzehnten im Geschäft ist? „Jeder Klub hat die Aufgabe, sein Sport- und speziell sein Fußballangebot so zu platzieren und zu präsentieren, dass er die Jugendlichen einfangen kann.“ Schoeler räumt ein, dass es dabei unterschiedliche Ideen gebe. Geesdorf etwa setze auf „viele Spieler, die nicht aus der näheren Umgebung kommen“. Der TSV Abtswind wähle den „kommerziellen Weg“, auch das hält Schoeler für legitim. „Toll, dass dort jemand ist, der viel für den Verein gibt.“

Drei höherrangige Klubs im Umkreis weniger Kilometer, und alle zerren wie wild an den Ecken dieses Dreiecks, das hält auf die Dauer kein Modell aus.

Bleibt er, oder geht er?

Ob Schoeler mit dem Spielermaterial zufrieden sei, das sie ihm in Wiesentheid bieten? „Man muss mit dem zufrieden sein, was man hat“, sagt er. Schoeler flüchtet sich gern auf Allgemeinplätze, wenn es mit der Antwort etwas heikler werden könnte, so auch bei der Frage, ob er als Trainer weitermache. Es gibt Anzeichen dafür, dass er im Sommer geht, zu viel zu tun in seinem Job, heißt es. „Noch“, sagt er, „ist nichts offiziell.“ Gut möglich also, dass es sein letztes Derby mit Wiesentheid wird an diesem Samstag.

Er sieht die Partie als eine von vierzehn verbleibenden Möglichkeiten bis Saisonende, das Ruder kraftvoll herumzureißen und so den Kurs zu korrigieren, den sein Team vorige Woche eingeschlagen hat. Um nicht mehr und nicht weniger geht es für den 49-Jährigen in diesem gerne etwas hitzigeren Duell. „In meinem Alter“, sagt er nur, „ist man nicht mehr so emotional.“

Quelle: InFranken.de

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